Prag am 30te November

‘828.

 Meine vielgeliebte, gute, theure Josephine!

 Bis zur Stunde konnte ich nicht Zeit gewinnen um Dir zu schreiben, ja sogar der heutige Sonntag wäre faßt verflossen ohne, daß ich Dir mein schätzbarer Engel geschrieben hätte, den das Wetter ist so schön, so angenehm, daß es mich faßt verleitet hätte einige Umgebungen Prags zu besuchen; doch viel zu groß ist meine Liebe, zu wohnevoll453 die Empfindung bei jeder schrieftlichen Mittheilung zu Dir, als daß es nicht vielfach jene Freuden überwiegen sollte. Mit Vergnügen ergreife ich daher die Feder um Dir auf deine verehrten Briefe von 26. 8ber [et] 14te 9ber zu antworten.

Meine Dank Deinem H. Gemahl für seinen Erlaß von 14. dies.

Schon Dein erstes Schreiben hat meine Sorgen zum theil beruhigt vollends aber Dein Zweites, welches mich Euern allseitigen Wohlseins versichert. Das meine Besorgniß doch nicht so ganz ungegründet war, erblickte ich in der Erklärung Deines Übelbefindens, den dies war auch der Hauptgrund meiner Angst, daß mich meine beste Schwester nicht vergessen konnte, wußte ich gar wohl, den Deine Liebe ist ja nicht so flächtig wie jene der meisten Frauenzimmer.

Obwohl ich mich so oft, ja täglich in Gedanken mit Euch Ihr Lieben beschäftige, und dies auch meine seeligsten Augenblicken sind, so muß ich es doch zu meiner Schande gestehen, daß ich eben am 14te nicht daran dachte, daß dies der Tag wäre, der Dich, mein einziges Leben, an das Band eines thätigen, würdevollen Gatten unauflöslich knüpfte.454 Oft hat Dich das überaus gefällige, zuvorkommende Betragen ma[n]ches Mannes entzückt, doch zweifle ich sehr ob Du mit einen so glücklich geworden wärest, als Du es jetzt bis[t], den das Äußere träget, oft verbirgt sich unter dem selben eine tückische Seele. Nur das Innere ist es auf was man sehen muß, dies allein ist im Stande eine dauerhafte, zufriedene Ehe hervorzubringen. //2

Du hast nun den wahren Werth Deines Fidelio erkannt, und bist glücklich im Besitze des Selben.

Ja, auch ich habe ihn kennen gelehrt, vielleicht eher als Du, und wünschte mir oft so gut zu sein, als er es ist. Das Eure Ehe noch bis nun nicht gesegnet ist, schmerzt auch mich ungemein, den mein höchster Wunsch war es, bei meiner Rückkunft schon ein Pfand Eurer Liebe zu erblicken, ein Bild zu sehen, was so ganz Dir meine Seele ähnlich wäre. O wie herrlich, wie schön müßte nicht so ein

kleiner Engel unter Deiner zärtlichen Obhut und Sorgfald aufblühen! Mit welch einer Kunst müstes Du ihn nicht in kürze alle Deine treflichen Eigenschaften und Tugenden beizubringen. Doch was noch nicht geschah, kann geschehen, Gott ist ja so güttig, er wird mein und Eurer Bitten gewieß erhöhren. Doch nun genug von diesem, ich möchte zu weitläufig werden, und könnte am Ende noch Deinetwegen zu schwärmen anfangen. Ich eile daher lieber zur Beantwortung Deiner vielen Fragen.

Euer Vorschlag mir eine andere Wohnung zu nehmen könnte unmöglich ohne Verdruß ablaufen, auch habe ich mich an das Hin und Hergehen schon ja angewohnt, daß mir der anfangs lang scheinende Weg nun gar nicht mehr weit vorkömmt. Von den Mascherischen wohnt niemand in diesem Hause wo ich. Ich habe mein eigenes bequemes schönes Zimmer, dessen Hauptzierde Eure und meiner lieben Ältern werthen Porträts ausmachen. Meine jetzige Lebensweise ist so ziemlich angenehm eingerichtet. Die alte, krä[n]kliche Hausmeisterin gab man mir zu Bedienung im Zimmer. Einen im Haus wohnenden Stiefelmacher nahm ich mir zum Stiefel [et] Kleider putzen, welchem ich 2 ƒ 30 w/w monathlich bezahle, sein Weib, die eine vortrefliche aber etwas theure Wäscherinn ist, besorgt mir meine Wäsche, die sich noch in recht guten Zustand befindet, daher ich auch nicths davon bedarf. Meine Beschreibung wird umständlich blos deshalb, weil ich weiß daß Dich auch das unbedeutenste intresirt. Um 7 oder ½ 8 Uhr früh stehe ich gewöhnlich auf und gehe um 8 Uhr ins

Gewölb, sodann in die Wohnung, wo ich 2 Schallen Caffee früstige (der Caffee ist hier außerst billig[,] die Schalle kostet in den Caffeehäusern 8 x w/w). H. Mascher ist noch immer ledig daher er auch

noch seine Wohnung und Kost bei den Ältern hat, bei welchen auch ich speise. Des Abends wird //3 um 6 Uhr das Gewölb gespert, und ich gehe abermahls hinauf zu den etwas spärlichen Nachtessen bei welchem aber der junge H. nicht dabei ist, da er regelmässig alle Abend sein Mädchen besucht. Das Bier schmeckt mir hier sehr gut, den ich trinke zu Mittag und Abends ein Halbe.455 Nach dem Nachtmahl muß ich gewöhnlich etwas Karten spielen und um 8 Uhr gehe ich erst nach Hause, wo ich meistens eine Stunde auf der Guittare spiele, mich sodann ins Bett lege und 2 oder 3 Stunden vor den Einschlafen lese, da mir die nicht unbedeutende Bibliotek des j.456 H. Mascher zu geboth steht, worunter sich so ma[n]che schöne Werke auszeichnen als: Walter Skots, Sachspir, Schiller, Kotzebu, Caroline Pichler etc.

Nun habe ich Dich genau in mein ganzes Thun und Lassen eingeweiht, welches sich beständig gleich bleibt, als daß ich nun noch 3 Stunden wöchentlich zum Ta[n]tzmeister gehe, den ich monathlich 4 ƒ w/w bezahle, und ma[n]chesmahl das Theater besuche, welches sehr brav ist und nicht theuer. Das Gebaude ist zwahr für Prag ziemlich klein auch etwas altmodisch dekorirt, doch ist um so überraschender das Spiel, Anadrob u Dekorationen. Es sind gegenwärtig die ausgezeichnesten deutschen Opern hier[,] in ganz Deutschland, auch zu den Schauspielen hat man düchtige457 Spieler, den die hiesige Bühne ist eine wahre Schule für sie, von hier aus kommen sie erst zu den Burgtheater nach Wien. Die Musig wird hier hoch verehrt, herlich sind die Kirchen Musiken anzuhören, oft hört man in ma[n]chen Kaffeehäusern Quartäten, die schwerlich im vielharmonischen Saal in Laibach so gut ausgeführt werden. Pagani458 war durch lange Zeit hier krank gewesen, doch nun ist er wieder hergestellt, und wird morgen sein erstes Conzert im Theater geben. Du kannst Dir vorstellen mit welcher Spanung das musikalische Prag darauf hart, alle Plätze sind schon seit mehrern Tagen vergriefen, obwohl die Preise sehr hoch sind, 2 ƒ CM. im Parter, 4 ƒ CM. ein Sitz und 20 ƒ C.M. ein Loge. Dieser Gaitzhals459 muß in kürze ein Millioner werden.

Der junge H. Mascher ist der Herr des Geschäftes schon seit vielen Jahren, welches er mit viel Eifer und Thätigkeit betreibt. Er sieht kränklich aus, ist sehr ernst und besitzt einen ziemlichen Grad von Stolz. Ich sehe es ihm an, welche Mühe es ihm kostet gegen mich freundschaftlich zu sein. In manchen Stücken ist er knikerisch, in manchen wieder splendit. Er liebt die Läktür und Musig, doch letztere vernachläßigt er sichtlicht, da er seine freie Stunden beständig bei seiner Zukünftigen zubringt. //4

Er hat sich nach langen hin und her schwanken eine hübsche Hauptmannstochter zu seiner Liebe ausgewählt, bei welcher er mich auch schon aufgeführt hat. Im Faschenk oder Frühjahr wird warscheinlich die Hochzeit statt finden.

Die alten Mascherischen sind gute, einfache Menschen. Ihr kläbt etwas Rochheit an, er ist aber trotz dem, daß ihn der Schlag schon 3 mahl berührte, noch sehr geschwätzig und erzählt mir viel von den jugend Jahren die er mit meinen Vatern zubrachte. Die Tochter ist 16 Jahre alt, sehr schwächlich und ist bei ihrer letzten Krankheit etwas Gehörlos geworden, was ihr noch bis dato blieb, daher ich auch sehr schwehr mich mit ihr verständige. Sie ist nicht hübsch auch nicht härlich, besitz aber wenig einnehmendes. Sowohl der Junge als Alte Mascher scheinen Vermöglich zu sein, den Jungen seine Wohnung ist sehr nobel, bei Alten alles aufs einfachste.

Um Prag vollständig kennen zu lernen will ich im Frühjahrt ein paar Wochen meine Geschäfte mich dispensiren um sodan alle Merkwürdigkeiten besehen zu können, was ich bis nun sah gefällt mir gut, doch Wien überwiegt es vielfach, und ewig wird mir die Zeit unvergeslich sein die aldort zubrachte.

Gerne würde ich Prag gleich nach Ostern verlassen haben, wenn nicht heuer das große Fest den 16. May statt gefunden hätte. Doch um dasselbe zu sehen werde ich woll so lange dableiben, den es wird eine große Feierlichkeit sein, welche nur alles 50 Jahre statt findet, nähmlich die Übertragung des heil. Johannes welche mit aller Pomp und Pracht vorgenommen und durch 10 Tag dauern wird. Mann sagt sogar der Kaiser [et] Kaiserin und König von Baiern werden sich dabei einfinden. Da komme ich nun soeben zu recht um so ma[n]ches wieder zu sehen.

Von hier aus ist es mir fester Entschluß sodann weiter meine Reise zu machen, um bald, bald nachher in Eure Mitte zu gelangen, wo ich ja nur allein glücklich sein kann.

Angehnehm war es mir zu hören, daß H. Hauk nun vollkommen genesen, und seine Tochter Lori460 so hübsch geworden ist, entrichte derselben meinen herzlichsten Glückwunsch zu ihrer jetzigen Wahl.461

Eben erinnere ich mich, daß ich faßt zu Ende bin, und doch noch nicht die Antwort wegen den Geldbeutel erwiederte, so eine Vergessenheit hätte wohl noch mehr deinen Verdacht bestärken

können. Zum Glück das ich noch genug Platz habe um diesen Gegenstand ins Reine zu bringen. Nun so erfahre es, Du Mistrauische, das ich diesen bewusten Geldbeutel von der 13 Jährigen Tochter des Glasermeister Fest, und 1 Zahnstöhrer mit Kabsel462 von seiner noch kleinern Tochter mit 10Jahren als Andenken erhalten habe.

Was meinst Du nun bin ich gerechtfertigt? Gruß und Kuß an Dich, H. Fidelio und meine schätzbaren Ältern.

 

ValZeschko

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