Fellach220 den 27. July.
Mein geliebter Fidelis!
Ich versprach, bey jeder Gelegenheit, an Sie zu schreiben, und folge nur der Aufforderung meines Herzens, wenn ich es jezt thue. ––
Mein Herz sagt es mir’s, das mein leidender Fidelio, bey seinem religiösen Sinn, gewiß, in dem festen Vertrauen auf Gottes weise Fügnugen, – viellen Trost und Beruhigung gefunden hat, –– und demnach bin ich so äußerst unruhig und besorgt, wie Sie Ihren Schmerz ertragen? – und ob er keine böser Folgen für Sie hatte? –
Ich bin von zwey Seiten, so gequällt, daß ich es gar nicht aussprechen kann. Sie leidend //2 zu wissen, und nicht zu Ihrem Troste beytragen zu können. –– Meine Mutter zwar beßer, – aber so schwach, – daß ich unendlich ängstlich bin, und oft von dem Gedancken zusammen fahre, – sie könnte, bey dem mindesten Versehen, wieder einen Rückfall bekommen. – Sie hat das Beet noch nicht verlassen, –– und lebt von bloßer Fleischbrühe. ––
Zu allem dem kömmt, dieses elende Wetter. Ich muß mich zwingen, heiter zu scheinen, um ihren Muth zu erhalten, – denn er fängt ihr an zu sincken, sie wird über das lange Beethütten, schon
ungeduldig, – und oft recht traurig, – darum muß ich sie soviell als möglich zu zerstreuen trachten. –
Ausser dem, daß ich zur Taffel gehn muß, – und meiner Geschäften in der Küche, –– //3 verlasse ich das Zimmer gar nicht. –– Die Mutter tröstet sich mit der Hoffnung, daß wir künftigen Dinstag oder Mittwoch, werden abreisen können, aber ich sehe es voraus, daß wir länger hier bleiben werden müssen. ––
Wie ich mich fort von hier sehen, kann ich kaum, oder gar nicht beschreiben, –– ich habe wohl die Mutter hier, aber mir fehlt doch zu vielles. –– Kein vertrautes Wesen finde ich hier, – und ich würde es doch so sehr bedürfen. –
Mein Fidelio! wo Sie in diesem Augenblicke wohl sind? wie es Ihnen geht? wenn ich alles dieses wissen könnte, um wie viell leichter, könnte ich hier leben. – Sie sollten mir wohl, so oft es seyn kann, schreiben, –– ich thue es //4 ja auch. ––
O! wehe! ich wollte noch recht lange mit Ihnen sprechen, und nun will die Mutter schlaffen, – bey Tag schon hätte ich so gerne geschrieben, hatte aber kein Zeit, – freute mich auf den Abend, weill ich mir dachte, daß ich recht lange lange mich mit dem geliebten Freunde werde unterhalten können,
–– und – auch diese Freude, wird mir nicht. –– In Gottes Nahmen! so leben Sie denn wohl im festen Vertrauen, daß Gott alles zu unserm Besten lenckt. –––
Ich weiß mein Fidelio ist getröstet, so wie auch ich ganz ergeben in den Willen Gottes bin. – Gute Nacht! mein Guter. Wolle der Himmel, daß ich Sie bald sehen kann. Ihre ewig getreue
Pepi.
Meinen herzlichen Danck, für den Wein.
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