Mein liebes gutes Weibchen!

Nun fühle ich zum ersten Mahl in meinen Leben, wie unendlich schwer es fällt von der einzig Geliebten, von der Gattin, selbst in einer unbedeutenden Entfernung zu leben: ich kann Dich liebe theure Josephine auf meine Ehre versichern, d[aß] mir die heutigen Stunden länger ja viel länger als unsere 14tägige Verbindung, vorkommen. Überall wo ich hinblicke vermiße ich Deine holde Gestalt, niergends finde ich die liebvollen Blicke Deiner sanften Augen, in welchen so deutlich Deine schöne Seele zu lesen ist. O! theuere //2 Gefährtin meines Lebens! nein, nein, bevor die Sonne zum 2ten Mahl versincket muß ich Dich wieder in meine Arme drücken. Ich kann im Betref Deiner Gesundheit keinen Augenblik rugih seyn, meine Vorstellung in der Entfernung ist viel heftiger, viel quällender, als wirkliche Überzeugung in Deiner Nähe. –––

Um 2 Uhr kamm ich hier an, es wartete noch auf uns beyde das Essen, doch mußte ich leider selbst nur allein der verzehrende seyn. Ich hatte recht viel zu thun, u habe bereits schon einen ganzen Pack Breife geschrieben //3 doch mit diesen, auf den ich mich am meisten freute, will ich den heutigen Tag beschließen. Ich war heute noch gar nicht aus, morgen früh mache ich eilends einige Besuhe, u dann Adieu Krainburg. ––––          ––––   ––––

Mein guter Vater grüßt Dich schönstens u ist ganz einverstanden, d[aß] Du wegen Deiner als auch der Mama Ihrer Gesundheit das heutige Vorhaben, aufgegeben: er laßt sich die Mama schönstens anempfehlen.

Nun Liebe! schlaffe recht sanft in unserm schönen grünen Gemach, u erwarte Deinen stets liebenden treuen

Krainbourg am 27. 9ber 11 Uhr Abends

Fidelis 

Gute, gute Nacht

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