Innig Herzlichst geliebteste Schwester!
Unmöglich kann ich H. v Lukmann von hinnen gehen lassen ohne ihm ein Schreiben an Dich mitzugeben. Vor allem muß ich Dir sagen, daß ich nie geglaubt hätte, das mir die Entfernung von Dir, Fidel und meinen guten Ältern so viel Schmerzen verursachen würde. In den größten Getümel von Menschen, bey den herlichsten Gegenständen die ich sehe, wird es mir auf einmahl so wehe und ähngstlich und ein Verlangen nach Euch meine Geliebten erwacht in mir, welches ich mit aller Mühe dennoch nicht bekampfen kann, ja in solchen Augenblicken wünschte ich auf der Stelle nach Laibach zurück zu kehren. In der Entfernung fühle ich es erst vollkommen, wie werth und lieb Ihr mir alle meine Theuren seid.
Das ich die Reise nach Wien glücklich und gesund zurück gelegt habe, wirst Du aus den 2 an meine Ältern geschriebenen Briefen ersehen haben. Zu den Kostischen288 bin ich in Grätz zweimahl gegangen, habe aber niemanden zuhause angetroffen.
Wien kommt mir erstaunlich groß vor, und es wird eine lange Zeit brauchen, bis ich mich in dem Lokale der Gassen und Strassen werde vollkommen einstudieren können. Die ersten Paar Tage kamm ich mir hier vor, wie ein junger Vogel der seine ersten Ausflüge macht, den da ich im Anfang faßt immer allein herum ging, so rückte ich mit zagenden Schritten langsam in den Gässen fort, aus Furcht ja gewieß wieder nachhause zu treffen. //2
Als ich auf die Ferdinands Brücke kamm, sah ich oben 2 Menschen aus dem Wasser heraus ziehen, die durch ungeschicktes fahren mit dem Schiefe an die Brücke gestossen sind und hinein fillen; gleichdarauf nahm der Wind Zweien die Hütte von Kopf und trug sie in Wasser und kaum einige Schritte weiter gehend, erblicke ich einen Fiakerwagen sammt Pasagier am Boden liegen, die bey einer ungeschickten Wendung umgeworfen wurden.
Das ich am Sonntag in der Brigitenau289 war wirst Du auch schon wissen, doch Montag sind beyweitem mehr Menschen hinaus gegangen, so wie mir erzählt wurde waren bey 80.000 Personen in der Brigitenau, doch ich blieb in der Stadt, den ich habe mich von vorigen Tag schon zu müde
gegangen. Ich setzte mich drausen beim Wegnerischen Caffeehaus und sah über 3 Stunden der Menge Meschen die da hinaus gingen und führen zu, so das mich auf die letzt Augen, Ohren und der ganze Kopf recht wehe thaten.
Ich muß Dir sagen liebe Schwester, das ich da die Bemerkung gemacht habe, daß von so viel Tausenden von Frauenzimmern die bey mir vorbei gingen und fuhrn, ich nicht eine nur in etwas Dir vergleichen konnte, und nun kenne ich erst den großen Werth Deiner Schönheit.
Die Auslagen die man hier in der Stadt findet sind warheftig enzig in ihrer Art, den jedermann sieht nur darauf das Äusere aufs prachtvolleste auszuschmucken, man möchte Stundenlange vor einem Auslagkasten stehen bleiben.
Im Prater, Volksgarten in den Theaters war ich noch nicht gewesen, gestern kamm ich auf die Wasserglasie.290 //3 Dieser Unterhaltungsort wird nach dem Volksgarten am meisten besucht und ist wirklich imposand in jeder Hinsicht. Man findet hier Erfrieschungen aller Art, warmer und kalter Speisen[,] kurz was sich der Mensch nur denken kann ist zu haben. Die Fraunzimmer erscheinen sehr geputzt hier alle Abend, die Alle[e]n werden aufs vortrefflichste beleuchtet, Musig ertönt von allen Seiten, genug ich kam mir hier vor wie auf einer zahlreich besuchten Redout und habe mich eherlich unterhalten ohne ein Kreutzer Geld auszugeben. Auch bin ich gestern mit H. Hausser in die Porzelainfabrik gefahren, da Du selbige auch gesehen hast, so enthalte ich mich von jeden Beschreibung, nur bemerke ich das noch heute immer davon träume. Heute Abend hoffe ich mich sehr gut zu unterhalten, den es wird im Prater ein großes Feuerwerk abgebrant werden zu Ehren aller Annen. Von Feuerwerk aus gehen wir zum Gasthaus gennant Kettenbrücken, da wird ebenfals allen
Nanetten zu Ehren der große Garten ganz mit Transparenten beleuchtet, so wie auch die 4 großen Säle die sich hier befinden werden ganz in Kerzenglanz erscheinen.
Stelle Dir vor gute Pepi diese kurze Zeit die ich hier in Wien bin habe ich mir schon eine Braut gefunden, rathe nun einmahl welche, – die Nina, sie laßt Dich schönstens grüssen und küssen und freut sich sehr auf den Augenblick Dich wieder zu sehen. Von H. Herzoll an Alle seine Empfehlungen. //4
Vielgeliebte Josephin, schreibe mir mit nächsten recht viel, unter der Adresse an H. Hauser,291 von Dir, den werthesten Freund Fidelius den ich vielmahls küssen lasse, und meinen schätzbaren Ältern welchen ich untertanigst die Hände küssen lasse, und überhaupt was in Laibach vorzügliches geschiet.
Die sorgsamen Ältern werden woll viel jetzt meinet wegen zu thun haben.
An alles was mich kennt bitte meine Empfehlungen auszurichten. Meine Bitte mich bald mit einem Schreiben von Dir zu beh[e]rn,292 gebleibe ich Dich in Gedanken umarmend und küssend
Dein
Dich ausnehmend liebender Bruder
ValZeschko
Wien am 26. Jully in der Frühe um 4 Uhr geschrieben, bitte dahero um verzeihung wegen
dem schlechten gekritzl,293 es war noch halb im Schlaf.
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